Pforzheimer Kurier vom 17.12.2011

 

In Pforzheim soll es mit Amazon aufwärts gehen


Die Goldstadt rechnet mit sinkenden Arbeitslosenzahlen und weniger Ausgaben für Sozialleistungen


Von unserem Redaktionsmitglied Mike Bartel
Pforzheim. Mit großen Hoffnungen ist in der hoch verschuldeten und von starker Arbeitslosigkeit geprägten Goldstadt die Ansiedlung eines Amazon-Logistikzentrums verbunden. „Das wird eine deutliche Entlastung für den Arbeitsmarkt bringen“, meint Oberbürgermeister Gert Hager (SPD). Er glaubt zudem an eine Signalwirkung für Investoren. Vom ersten Kontakt mit dem Unternehmen bis zur Vertragsunterzeichnung seien gerade mal drei Monate vergangen. „Dies zeigt, dass in unserer Verwaltung schnell und flexibel gearbeitet wird und dass sich in Pforzheim etwas bewegt“, sagt Hager. Jetzt soll es aufwärts gehen.
In den vergangenen Jahren musste man in Pforzheim vor allem mit Abwärtsbewegungen klar kommen. Die Zahl der Beschäftigten in der Schmuck- und Uhrenindustrie sank von einstmals rund 14 000 in den 1970er Jahren auf inzwischen nur noch 1 700. Auch finanziell ging es drastisch bergab. Zu strukturellen Problemen kam das Derivate-Debakel, so dass die Stadt bei einem Schuldenstand von 83,4 Millionen Euro in ihrem Handlungsspielraum mittlerweile erheblich eingeschränkt ist und größere Investitionen nur noch nach Rücksprache mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe tätigen darf.
Die Sozialleistungen für Langzeitarbeitslose stiegen in den vergangenen fünf Jahren von 13,6 auf 17,2 Millionen Euro. Während die Arbeitslosenquote landesweit 3,6 Prozent beträgt, liegt sie in Pforzheim derzeit bei 7,5 Prozent. Damit ist die Großstadt an der Enz das Schlusslicht in der baden-württembergischen Arbeitslosenstatistik. Wenn das auf einer Fläche von elf Fußballfeldern entstehende Logistikzentrum im Herbst nächsten Jahres fertig ist, kann Pforzheim möglicherweise die „Rote Laterne“ abgeben.
Als „Glücksfall für die Region“ bezeichnet man bei der Pforzheimer Agentur für Arbeit die mit voraussichtlich 1 000 Vollzeit-Arbeitsplätzen und 2 000 saisonalen Beschäftigungsmöglichkeiten verbundene Amazon-Ansiedlung. Da für die Lager- und Versandarbeiten keine hoch qualifizierten Kräfte benötigt werden, bieten sich große Chancen für die rund 1 500 Pforzheimer Langzeitarbeitslosen. Die stellvertretende Arbeitsagentur-Chef Sabine Schuster geht davon aus, dass sogar noch weiteres Personal aus dem Enzkreis und dem Kreis Calw sowie aus dem Raum Bretten und Karlsruhe rekrutiert werden muss.
Schon jetzt sind in Pforzheim, wo mit Bader und Klingel zwei große Versandhäuser sitzen, im Versand- und Internet-Handel mehr Menschen beschäftigt, nämlich rund 2 800, als in der Schmuckbranche. Die Ankunft des amerikanischen Konkurrenten wird unterschiedlich bewertet. Es gibt kritische Töne, die sich gegen die Subventionierung eines auswärtigen Versenders mit Steuergeldern heimischer Unternehmen richten. Hingegen begrüßt die IHK Nordschwarzwald ausdrücklich die Neuansiedlung und mahnt bereits zur Ausweisung weiterer Gewerbeflächen.

 

Amzon in Pforzheim-Eutingen

AB NÄCHSTEN HERBST IN PFORZHEIM: Wenn sich im neuen Logistikzentrum von Amazon
die Pakete stapeln, sollen in der Goldstadt – so die Hoffnung von OB Gert
Hager – erheblich weniger Menschen auf finanzielle Unterstützung durch die
Kommune angewiesen sein. Foto: dpa