Hier ein Schriftverkehr zum Thema Derivate aus dem Jahr 2007. Das Schreiben ging an Herrn Prestinari (ESP). Seine Antwort erfolgte nach Auskunft und Rücksprache mit der Kämmerin in Pforzheim, Frau Susanne Weishaar.

In dieser Zeit war noch die Bürgerinitiative „BiB-Bürger informieren Bürger“ aktiv.

 

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25. März 2007
An: Prestinari, Rüdiger
Cc: Weishaar, Susanne
Betreff: Auskunft über Jahresbericht 2006

 

Sehr geehrter Herr  Prestinari,

in Beilage O 1067 19.02.2007 Vorläufiger Jahresbericht 2006 für den Eigenbetrieb Stadtentwässerung Pforzheim ESP als IV. Quartalsbericht (Vierteljahresbericht zum 31.12.2006) habe ich am Ende folgende Bemerkung gefunden:

„Seit dem Jahr 2004 nutzt die Stadt Pforzheim die Möglichkeit derivativer Finanzierungsinstrumente zur Zinsoptimierung. Für 2006 sind 225.000 EUR zugewiesen, welche in der Zeile Pos. 14 a) als „Sonstige Betriebseinnahmen“ enthalten sind.“

Können Sie mir sagen, was unter „derivativer Finanzierungsinstrumente“ zu verstehen ist und wie diese Anlagenform aussieht?

Ich gehe davon aus, dass ich innerhalb von 14 Tagen Bescheid bekomme und nicht erst nach 45 Jahren wie bei den Abwasserbescheiden.

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Köhler

Gundi und Heinrich Köhler
„BiB – Bürger informieren Bürger“
www.bib-pforzheim.de

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Betreff: WG: Auskunft über Jahresbericht 2006
Datum: Montag, 26. März 2007
Von: Prestinari, Rüdiger
An: „Weishaar, Susanne“

Hallo Frau Weishaar,

ich gehe davon aus, dass Sie diese Anfrage besser beantworten können.

Mit freundlichen Grüßen
Rüdiger Prestinari

 

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Betreff: Auskunft
Datum: Donnerstag, 29. März 2007
Von: Prestinari, Rüdiger
An: G.u.H.Koehler

29.03.2007

Sehr geehrter Herr Köhler,

nach Rücksprache mit der Leiterin der Stadtkämmerei, Frau Weishaar, beantworte ich Ihre Anfrage vom 25.03.2007 wie folgt.

Derivative Finanzinstrumente sind seit nunmehr Jahrzehnten in Finanzwirtschaft, Unternehmen und bei der öffentlichen Hand genutzte Produkte zur Risikosteuerung und Zinsoptimierung. Da derivative (lat.: aus Ableitung entstanden) Finanzinstrumente nur im Zusammenhang mit bestehenden Krediten eingesetzt werden, ist auch für die Betrachtung von Ertrag und Aufwand aus solchen Geschäften immer eine Gesamtbetrachtung des gesamten Kreditportfolios notwendig.

Weiß z.B. eine Kommune, dass die Zinsbindung für ein bestehendes Darlehen im Folgejahr ausläuft, so kann sie sich bereits heute für das kommende Jahr einen Zinssatz sichern. Oder sie tauscht für einen Teil ihrer Kredite den (in
der Regel höheren) festen Zinssatz gegen einen (in der Regel niedrigeren) Zinssatz ein. Das aktive Finanzmanagement hat auch für den ESP die Stadtkämmerei übernommen. Diese bankwirtschaftlichen Produkte erlauben jedenfalls ein aktives Finanzmanagement unabhängig von den (technisch bedingten) Zeitpunkten der Kreditaufnahmen für Investitionen.

Mit freundlichen Grüßen

Rüdiger Prestinari

 

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Betreff: Auskunft über Jahresbericht 2006 – Derivative Finanzinstrumente
Datum: Mittwoch, 4. April 2007
Von: Köhler
An: „Weishaar, Susanne“

Sehr geehrte Frau Weishaar,

für Ihre Antwort, die mir Herr Prestinari übermittelt hat, danke ich Ihnen.
Ebenfalls für Ihre Antwort bzüglich EPV, die per Post kam. Bezüglich EPV antworte ich in den nächsten Tagen. Ihre Antwort ist in beiden Fällen, wie die meisten Antworten von Ihnen, unbefriedigend.

Man kann es drehen und wenden wie man will, die allgemeine Definiton von „Derivative Finanzinstrumente“ (siehe unten unter Bundesbank) und Ihre Definition, Frau Weishaar, passen nicht zusammen. Das eine ist Spekulation, das andere ist biederes Finanzgebaren z. B. jedes Häuslesbauers, der sich einigermaßen um seine Finanzen kümmert.

Frau Weishaar, ich fordere Sie auf, spielen Sie mit offenen Karten und  bestätigen Sie, ob Sie spekulieren oder nur bieder rechnen. Wenn Sie nur bieder rechnen, was ich bezweifle, dann sollten sie das auch bieder und nicht hochtrabend benennen, um keine Spekulationen aufkommen zu lassen. Unabhängig von Ihrer Antwort werde ich dieses „Derivative Finanzinstrument in Pforzheim“ überprüfen lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Köhler

„BiB – Bürger informieren Bürger“
www.bib-pforzheim.de

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Diese Beispiele waren der Mail beigefügt:

Die Bundesbank schreibt zu Derivative Finanzinstrumente:

Derivate
Derivate sind mehr oder weniger komplizierte Termingeschäfte. Dabei wird z.B. vereinbart, einem Geschäftspartner in drei Monaten eine bestimmte Aktie zu einem heute festgelegten Preis zu verkaufen. Die Bezeichnung „Derivat“ kommt aus dem lateinischen derivare = ableiten.
Sie besagt nichts weiter, als dass der Wert eines solchen Termingeschäfts durch den Preis der diesem Geschäft zugrunde liegenden Finanzinstrumente (Basisinstrumente, z. B. Aktien) bestimmt wird, also daraus „abgeleitet“ ist. Damit wird es möglich, bestimmte Risiken der Basisinstrumente getrennt zu handeln. Mit Derivaten kann man sich insofern einerseits gegen künftige Preisveränderungen absichern. Andererseits kann mit Derivaten auch recht einfach – d. h. mit einem geringeren Kapitaleinsatz – spekuliert werden, indem man z. B. über ein Optionsgeschäft auf eine bestimmte Kursentwicklung am Aktienmarkt „wettet“.

Noch eine Definition:

Derivative Finanzinstrumente :

Hochliquide standardisierte Finanzinstrumente, deren Bewertung von der Preisentwicklung des zugrunde liegenden Finanztitels (Basiswert) abhängt; wichtigste Beispiele sind Optionen und Futures. Derivate werden außerbörslich oder an einer Terminbörse gehandelt.

Future

Terminkontrakt, bei dem Käufer und Verkäufer sich verpflichten, eine bestimmte Menge eines Basiswertes bei Fälligkeit zu einem festgelegten Preis zu liefern bzw. abzunehmen.

Futures sind hochliquide standardisierte Finanzinstrumente, deren eigener Wert vom Wert des Basiswertes abhängt. Sie werden am Terminmarkt gehandelt. Man unterscheidet Financial Futures und Commodity-Futures. Basiswerte von
Financial Futures sind Aktienindizes, Devisen oder Zinsen. Commodity-Futures beziehen sich auf realwirtschaftliche Objekte, wie Rohstoffe oder landwirtschaftliche Produkte.
Die ersten Terminmarktgeschäfte waren Commodity-Futures: Schon vor langer Zeit wollten sich Bauern gegen Preisschwankungen ihrer Produkte absichern. Dabei schloss ein Bauer einen Futures-Kontrakt, um sich den Preis für sein
Produkt im nächsten Jahr zu sichern. Bei Futures unterscheidet man nur zwei Geschäftsarten: Eine Long-Position
bezeichnet die Pflicht, bei Fälligkeit den vereinbarten Preis zu zahlen und den Basiswert abzunehmen; bei einer Short-Position verpflichtet man sich, den Basiswert zu liefern – im Gegenzug erhält der Lieferant den Kaufpreis.

Option

Bezeichnet das Recht, eine bestimmte Menge eines Basiswerts (z. B. Aktien) zu einem vereinbarten Preis (Basispreis) innerhalb eines festgelegten Zeitraums oder zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Schreiber der Option (Stillhalter) zu erwerben (Kaufoption/Call) bzw. an diesen zu veräußern (Verkaufsoption/Put).

Optionen sind eigenständige Finanzinstrumente aus der Gattung der Termingeschäfte. Sie werden außerbörslich oder auch standardisiert an einem Terminmarkt gehandelt. Der Optionskäufer zahlt dem Verkäufer für das Ausübungsrecht einen Optionspreis (Optionsprämie). Dafür verpflichtet sich der Verkäufer, wenn die Option ausgeübt wird, den Basiswert gegen Zahlung des Basispreises bereitzustellen oder zu übernehmen. Nimmt der Optionsinhaber sein Ausübungsrecht aber nicht in Anspruch, erlischt das Optionsrecht am Ende der Laufzeit und die Option verfällt. Da die Entscheidung zur Ausübung allein der Käufer des Optionsrechts trifft, wird diese Gattung von Termingeschäft auch als bedingtes Termingeschäft bezeichnet.

Durch den Erwerb einer Option kann man erwartete positive Entwicklungen am Kassamarkt nutzen bzw. sich gegen Risiken absichern. Die beiden klassischen Optionsgeschäfte sind der Longcall (Kauf einer Kaufoption) und der Longput
(Kauf einer Verkaufsoption):

Longcall

Ein Anleger erwartet für eine Aktie A einen höheren zukünftigen Kurs. Mit dem Kauf einer Kaufoption erwirbt er das Recht, diese Aktie in sechs Monaten zu einem Preis von 100 Euro zu kaufen. Diesen Preis bezeichnet man als den
Basispreis einer Option. Für die Option zahlt er eine Optionsprämie von 5 Euro. Steigt der Kurs der Aktie bis zum Ende der Laufzeit auf beispielsweise 108 Euro (Fachkreise sagen: die Option ist „in the money“), wird der Anleger sein Optionsrecht ausüben: Er kauft die Aktie zu 100 Euro und verkauft sie umgehend zu 108 Euro. Der Gewinn – Kurs der Aktie minus Basispreis, abzüglich Optionsprämie – beträgt in diesem Fall 3 Euro. Bei einem Kurs von 105 Euro hätte die Option ihren Break-Even-Point; der Anleger würde weder Gewinn noch Verlust machen. Würde der Kurs der Aktie am Ende der Laufzeit unter dem bzw. genau am Basispreis liegen, wäre die Option „out of the money“ bzw. „at the money“; der Anleger würde sie im Normalfall nicht ausüben.

Longput

Der Kauf eines Longput wird oft als Absicherungsstrategie gegen Kursverluste genutzt. Ein Beispiel: Ein Anleger besitzt eine Aktie B mit einem aktuellen Kurswert von 45 Euro. Da er sinkende Kurse erwartet, möchte er sich gegen einen eventuellen Kursverlust absichern. Er kauft eine Verkaufsoption mit einem Basispreis von 48 Euro und zahlt dafür an den Stillhalter eine Optionsprämie von 3 Euro. Sinkt der Kurs der Aktie auf 40 Euro am Ende der Laufzeit, wird der Anleger seine Option ausüben. Er verkauft seine Verkaufsoption und erhält 48 Euro. Abzüglich der Optionsprämie von 3 Euro verbleiben ihm 45 Euro. Mit dieser Strategie konnte er sich gegen den Kursverlust der Aktie absichern.