SVP fährt Defizit von 1,5 Millionen Euro ein


Veolia-Tochter stellt zusätzliche Busfahrer ein und soll beim Sparen helfen / Andere Tarifbedingungen

 

Von unserem Redaktionsmitglied Claudia Kraus
Harte Zeiten für die Stadtverkehr Pforzheim GmbH (SVP): Kaum ist der Zorn der Bürger über die Streiks im vergangenen Jahr verraucht, kaum der Fahrplanwechsel verdaut, liegt für 2011 ein Defizit von rund 1,5 Millionen Euro auf dem Tisch. 2010 war die Bilanz der zu 51 Prozent dem Unternehmen Veolia und zu 49 Prozent der Stadt Pforzheim gehörenden Verkehrsgesellschaft fast ausgeglichen gewesen, wie SVP-Geschäftsführer Johannes Schwarzer erklärt. Fürs laufende Geschäftsjahr werden ebenfalls rote Zahlen erwartet.

 

Abfedern muss man die um zwei Millionen Euro abgeschmolzenen Zahlungen der Stadt seit Vertragsabschluss mit Veolia im Jahr 2006. Wenn 2016 der Vertrag ausläuft, muss das Defizit ausgeglichen sein. Sparen ist angesagt, zugleich mangelt es an Busfahrern.
Die im vergangenen Jahr unter dem Dach von SVP gegründete Veolia-Tochter Veolia Verkehr Süd-West GmbH soll es richten. „Es besteht keine Insolvenz- oder Ausstiegsgefahr von Veolia“, versichert deren Geschäftsführer Axel Sonderman und beteuert, eine starke Gruppe wie Veolia halte es auch einmal aus, „wenn die Zahlen in eine andere Richtung gehen“, als in die gewünschte.

 

Betroffen ist ausschließlich der Fahrdienst, der irgendwann komplett über Veolia abgewickelt werden soll. Alle neuen Fahrer werden ab sofort von der Veolia Verkehr Süd-West eingestellt, die im Auftrag von SVP unterwegs sein wird. Zehn neue Fahrer sollen zum Team der 153 SVP-Fahrer hinzustoßen, ein Betriebsleiter wurde gerade eingestellt. Aber anders als ihre SVP-Kollegen, werden die Neuen, die künftig am Steuer der Busse sitzen, nicht nach dem Hausvertrag vergütet, der bis 2013 gilt, sondern nach dem in vielen Punkten für die Mitarbeiter ungünstigeren Tarifvertrag WBO (Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer).

„Die SVP wie jetzt wird es irgendwann nicht mehr geben“, benennt SVP-Betriebsratsvorsitzender Roland Kratzer die Folgen der sich abzeichnenden Entwicklung. „Wir sehen die neue Firma sehr kritisch, aber auch als Entlastung unserer Leute.“ Bis zu 2 500 Überstunden fielen jeden Monat an. Schon jetzt, genau gesagt: seit 2009, stellt SVP keine neuen Fahrer mehr ein. Einige sind zum Jahreswechsel gegangen und haben so den akuten Personalmangel noch verstärkt. Der sei aber 2005 noch größer gewesen, betont Schwarzer. Mehr Personal wird auch gebraucht wegen der Erweiterung der Linie 11 und einer durch den Zuzug der Firma Amazon bedingten neuen Buslinie. Kratzer: „Das können wir nicht stemmen, wenn wir keine Leute mehr kriegen.“
60 Prozent der Kosten entfallen aufs Personal. Mit der „anderen Entlohnung“, wie Schwarzer es nennt, soll SVP langfristig entlastet werden. Man wolle dies mit den Mitarbeitern zusammen gestalten, wird betont. Die Differenz in der Vergütung sei nicht sehr hoch. Als Beispiel nennt Schwarzer Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Im Jahr beschert der Hausvertrag Mitarbeitern 1 300 Euro mehr aus Sonderzahlungen auf dem Gehaltszettel. Doch die Arbeitsbedingungen werden andere sein, die neue Firma hat noch keine Betriebsvereinbarungen.

Man werde gegensteuern, „sollten unsere Mitarbeiter benachteiligt sein“, erklärt Kratzer, signalisiert aber die Bereitschaft der SVP-Fahrer, die Einsparungen mitzustemmen. Man setzt verstärkt auf Motivation der Mitarbeiter durch Prämien und Teamarbeit und hofft, den Krankenstand zu senken. Ein Spritsparprogramm für die Busse soll ebenfalls Geld sparen.
Wie kam es zum Defizit? Schwarzer nennt unter anderem hohe Ersatzteilkosten, drastisch gestiegene Treibstoffkosten, den Einbruch auf dem Gebrauchtwagenmarkt: Für ausrangierte Busse erzielt SVP heute nur noch etwa ein Drittel von früheren Preisen. Nicht rückläufig sei entgegen der Erwartungen die Schülerbeförderung, an der SVP nichts verdient. Auch die Tarifverhandlungen im Herbst schlugen deutlich zu Buche.

 

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IM SELBEN BUS und damit Boot stehen (von links) SVP-Betriebsratsvorsitzender Roland Kratzer, SVP-Geschäftsführer Johannes Schwarzer, Heiko Deckel und Axel Sonderman (beide Veolia Verkehr Süd-West). Foto: Wacker


Mit freundlicher Genehmigung des Pforzheimer Kurier

 

Artikel der PZ vom 01.02.2012 (PDF)