Greenpeace: EnBW wird zum Sanierungsfall

Karlsruher Konzern: Prognose ist „völlig abwegig“

Pforzheimer Kurier 17.03.2011

Der in Karlsruhe ansässigen Energieversorger EnBW droht nach Ansicht von Greenpeace durch die Abschaltung seiner Atomkraftwerke zum Sanierungsfall zu werden. „Ein Gewinneinbruch in 2013 um bis zu 50 Prozent ist durchaus realistisch“, sagte der Energieexperte der Umweltorganisation, Andree Böhling. Eine rasche Neuausrichtung sei zwingend. Das stark an Atomenergie und Kohlekraft orientierte Geschäftsmodell des drittgrößten deutschen Stromversorgers könne zur schweren Hypothek für künftige Landeshaushalte werden. Ein Sprecher der EnBW nannte die Greenpreace-Prognose „völlig abwegig“.

Vor kurzem hatte das Land 45 Prozent des Unternehmens zurückgekauft. Böhling hält es für wahrscheinlich, dass Steuerzahler zur Finanzierung des fünf Milliarden Euro teuren Deals von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zur Kasse gebeten werden. Laut Prognose von Greenpeace wird nach Neckarwestheim I auch der Reaktor Philippsburg I endgültig vom Netz gehen. Der von Greenpeace mit einem Gutachten beauftragte Energiewissenschaftler Professor Uwe Leprich empfiehlt eine Neuausrichtung in Richtung erneuerbare Energien wie Wind, Solar sowie Gaskraftwerke. Weitere Säulen des künftigen Regionalversorgers und Infrastrukturdienstleisters für Baden-Württemberg sollen Netzbetrieb, -management und -wartung sowie Umweltdienstleistungen unter anderem im Bereich Abfall und Abwasser sein.
Ein Sprecher der EnBW bezeichnete die Greenpeace-Formulierung vom Sanierungsfall als „absurd und völlig abwegig“. In den vergangenen eineinhalb Jahren habe die EnBW ihre konventionellen Kraftwerkskapazitäten um rund 2000 Megawatt erhöht und den Ausbau der Erneuerbaren Energien „konsequent vorangetrieben“. Auch künftig werde ein Investitionsschwerpunkt in den Bereichen Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sowie im Bereich der Netze liegen. Der Neubau des Wasserkraftwerks Rheinfelden sei nahezu abgeschlossen, außerdem werde die EnBW in einigen Wochen den ersten kommerziellen Offshore-Windpark in Deutschland in Betrieb nehmen. Die EnBW sehe „keinerlei Veranlassung, ihre Ergebnisprognose bzw. Planungen zu ändern.

Ein Sprecher der Landesregierung betonte, jetzt zeige sich noch deutlicher, dass der Einstieg des Landes richtig war. „Denn so kann über die strategische Ausrichtung der Energieversorgung hier in Baden-Württemberg mit entschieden werden.“ Darin liege eine große Chance für den Konzern, wohingegen die frühere Großaktionärin der EnBW, die französische EdF, weiterhin einseitig auf Kernkraft setze.
Das Bekenntnis von EnBW-Chef Hans-Peter Villis zur umweltverträglichen Energieerzeugung – „wir sind schon unheimlich grün“ – ist aus Sicht von Greenpeace unglaubwürdig. Der Anteil der erneuerbaren Energien (außer Wasserkraft) sei mit nur 0,4 Prozent an der Stromerzeugung marginal. Aufgrund der komfortablen Erträge aus den vier Atomkraftwerken, auf die mehr als die Hälfte des Gewinns entfalle, habe die Unternehmensführung keinen Veränderungsdruck gespürt und nicht in Zukunftstechnologien investiert, meinte Leprich.
Die Grünen im Landtag rechnen mit jährlichen Umsatzeinbußen von mindestens 550 bis 600 Millionen Euro durch die Abschaltung von zwei der vier EnBW-Reaktoren. Damit werde es immer fraglicher, ob mit den EnBW-Dividenden die für die Anleihen jährlich fälligen Zinsen in Höhe von rund 109 Millionen Euro zu begleichen seien, sagte der Grünen-Energieexperte Franz Untersteller. lsw/kam

Mit freundlicher Genehmigung des Pforzheimer Kurier

 

Anmerkung und Kommentar Gundi Köhler:

Ministerpräsident Stefan Mappus kaufte weit überteuerte EnBW-Aktien. Dieser Kauf war zweifellos eine mehr als umstrittene Aktion und hat bei vielen Bürgern Bestürzung und Verärgerung hervorgerufen und von vielen wurde dieser
Alleingang als nicht legitimiert bezeichnet.

Meine Frage:
Was passiert mit diesen Aktien jetzt, nachdem das Kernkraftwerk Neckarwestheim abgeschaltet werden soll? Heißt das dann etwa, das Land und Bürger in BW haben das dümmste Geschäft aller Geschäfte gemacht und dürfen jetzt womöglich diesen Verlust (durch Schließung und damit Wertverlust) jetzt auch noch begleichen? Was für ein „Held“ wäre dann unser Ministerpräsident. Aber er findet dann sicher einen „guten Spruch“, dies auch noch als Erfolg zu verbuchen.

Nachdem jetzt bereits mehrere Städte ihre EnBW-Aktien verkaufen (z.B. Rastatt – Bruchsal – Ettlingen) kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendwelche Stadtwerke „in der Schlange“ stehen, um sich für den Kauf dieser EnBW-Aktien zu interessieren oder sich gar darum reißen (wie Herr Mappus uns glauben machen will).

Es bleibt also bei Luftblasen und Schaumschlagen in Stuttgart und in der Bundespolitik.