PZ 11.07.2009
Marek Klimanski

 

PFORZHEIM. Beim Stadtverkehr Pforzheim (SVP) herrscht nach PZ-Informationen Ebbe in der Kasse. Der private Anteilseigner Veolia dementiert nicht, weist aber Überlegungen zurück, aussteigen zu wollen: „Völlig abwegig.“
Die Schilderung stammen von einem, der sich auskennt beim Stadtverkehr SVP. Sie klingen dramatisch: „Die Zahlen, die wir erreichen sollten, sind nie erreicht worden.“ Das aufgelaufene Defizit sei höher als das Einlagekapital von 1,2 Millionen Euro, mit dem der SVP nach der Beteiligung des Privatinvestors Veolia an den einstigen städtischen Verkehrsbetrieben Pforzheim 2006 startete. „Wir haben eigentlich kein Geld mehr“, sagt der Mann weiter.

Schuld seien zu niedrig kalkulierte Personalkosten und ein Fehler bei der Mehrwertsteuer-Berechnung. Der Gesprächspartner berichtet davon, dass der SVP bei der Stadt um weiteres Geld nachgesucht hat und davon, dass Veolia nach seinem Eindruck am liebsten aussteigen würde.

„Völlig abwegig“, kommentiert Veolia diese Ausstiegsgedanken in einer Stellungnahme an die PZ. „Wie bisher ist es sowohl für Veolia als auch den SVP klares Ziel, die Partnerschaft nachhaltig zum Erfolg zu führen“, so der Verkehrskonzern, der allerdings einräumt: „Dass dies nicht einfach sein würde, war aufgrund der Komplexität und der Neuartigkeit von Anfang an allen Beteiligten klar.“ Veolia verweist auf hohe Investitionen in die Busflotte und das Fahrgast-Informationssystem sowie zwölf neue Busse. „Dieses Jahr werden drei weitere folgen.“ Zu der Information der PZ, der SVP wolle infolge der unbefriedigenden Finanzlage Überlandlinien an private Busbetreiber abgeben, antwortete Veolia: „Es gibt beim SVP wie in jedem anderen Unternehmen ständig Überlegungen, wie das Angebot effizienter gestaltet werden kann.“ Dies werde aber keine negativen Auswirkungen auf die Fahrgäste haben.

Im Pforzheimer Rathaus macht man sich keine Sorgen: Die mit Veolia geschlossenen Verträge seien rechtlich bindend, so der Erste Bürgermeister Roger Heidt (CDU). „Ein Ausstieg ist vertraglich nicht zulässig“. Die Stadt habe auch keine Hinweise, dass Veolia dies plane oder dass der Verkehrsvertrag nicht vollumfänglich erfüllt werde.

Der Vertrag verpflichte Veolia, den SVP während der Dauer der Beteiligung mit allen für den Betrieb erforderlichen Mitteln auszustatten. „Insofern wäre die Erfüllung des Verkehrsvertrags selbst dann gewährleistet, wenn der SVP in
schwierigere finanzielle Gewässer geraten sollte“, so Heidt. Und: „Richtig ist, dass die Stadt Pforzheim ihr Verlustrisiko auf die Höhe der Einlage begrenzt hat, also an weitergehenden Verlusten des SVP nicht beteiligt ist.“

 

SVP-Bus pforzheim

Mit freundlicher Genehmigung der Pforzheimer Zeitung

Unser Kommentar:

Bereits die Bürgerintitiative „BiB – Busse in Bürgerhand“, bei der wir maßgeblich beteiligt waren, sagten in den Jahren 2004 – 2006 voraus, dass die von Veolia gesteckten Ziele nicht zu erreichen seien. Vor allem die Einsparung von 18,75 Millionen Euro über die Laufzeit von 10 Jahren bis 2016 erschienen zweifelhaft. Dies hat die Stadtverwaltung und die Mehrheit des Gemeinderates allerdings anders gesehen und die Warnung der Bürgerinitiative durch ein „gekauftes“ Gutachten in den Wind geschlagen.

Leider erkannten im Juli 2006 – bei dem von der Bürgerintiative BiB durch Unterschriftensammlung erzwungenen Bürgerentscheid – die Pforzheimer die Reichweite der Stadtbus-Privatisierung noch nicht als so tragisch, dass viele dem Wahlaufruf nicht folgten.

Das dicke Ende kommt spätestens 2016, wenn der Vertrag zwischen der Stadt Pforzheim (49 % Anteile) und Veolia (51 % Anteile) ausläuft.

Nachdem heute schon die Gewerbesteuereinnahmen in Pforzheim in Millionenhöhe einbrechen, wird das Abenteuer SVP 2016 zum Untergang der Stadt führen?

„Zu der Information der PZ, der SVP wolle infolge der unbefriedigenden Finanzlage Überlandlinien an private Busbetreiber abgeben, antwortete Veolia:
„Es gibt beim SVP wie in jedem anderen Unternehmen ständig Überlegungen, wie das Angebot effizienter gestaltet werden kann.“

Dazu vermuten wir, dass z. B. die ertragreiche Überland-Linie 720 an eine Tochterfirma von Veolia „verkauft“ wird, um dann durch Lohndumping die Gewinne von Veolia nochmals zu erhöhen.

 

Heinrich und Gundi Köhler