Pforzheimer Kurier 16.12.2009

Kläger warnen vor „Dammbruch“
Karlsruhe verhandelt über Speicherung von Telefon- und Internet-Daten

Das Bundesverfassungsgericht will grundsätzlich über die Speicherpflicht von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten entscheiden. Das kündigte Präsident Hans-Jürgen Papier gestern zu Beginn des bisher umfangreichsten Massenklageverfahrens vor dem Verfassungsgericht an. (Siehe Kommentar und Zeitgeschehen.)
Während Kläger vor einem „Dammbruch“ bei der Einschränkung von Grundrechten warnten, sagte der Bevollmächtigte der Bundesregierung, die Daten würden sonst für die Ermittler verloren gehen. „Es wird das verfassungsrechtliche Grundsatzproblem zu beleuchten sein, ob eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung über einen Zeitraum von sechs Monaten, wie sie das EU-Gemeinschaftsrecht zwingend vorgibt, überhaupt mit dem Telekommunikationsgeheimnis vereinbar sein kann“, sagte Papier. Ein Urteil wird im Frühjahr erwartet.

Verhandelt wurde über gut 60 exemplarische Verfahren, insgesamt hatten fast 35 000 Beschwerdeführer in Karlsruhe geklagt. Der FDP-Politiker Burkhard Hirsch sagte, der Staat müsse den Bürger respektieren und dürfe ihn nicht als potenziellen Straftäter behandeln. Experten machten deutlich, dass sich aus den Daten weitreichende Erkenntnisse über das private und berufliche Umfeld der Bürger herauslesen lassen.
Zu den Beschwerdeführern gehört auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die wegen ihres „Rollenkonflikts“ als Bundesjustizministerin nicht selbst gekommen war. Das Gesetz stammt noch von der Großen Koalition.

Von unserem Redaktionsmitglied Theo Westermann, Karlsruhe.

Bundesverfassungsericht_15.12.2009_Arbeitskreis_Vorratsdatenspeicherung
SORGE VOR DEM ÜBERWACHUNGSSTAAT: Demonstranten stehen vor dem
Bundesverfassungsgericht. Foto: Wittek

Mit freundlicher Genehmigung des Pforzheimer Kurier