Pforzheimer Kurier 24.03.2011

 

Feiert EDF mit Champagner?
Ex-EnBW-Chef Claassen zum umstrittenen Aktienkauf

Karlsruhe (dpa/lsw). Die Entwicklung der Aktien von EnBW wollte der frühere Vorstandsvorsitzende des Karlsruher Stromkonzerns EnBW, Utz Claassen, vor dem Hintergrund der Atomdebatte nicht kommentieren. Er sagte aber: „Ich bin mir sicher, dass Herr Mappus heute wohl nicht mehr den Preis bezahlen würde, den er vor einigen Monaten ausgehandelt hat, als er noch von einer Laufzeitverlängerung ausging.“ Claassen fügte hinzu: „Und wenn ich Franzose wäre, würde ich jetzt Champagner aufmachen, weil ich offenbar genau zum richtigen Zeitpunkt verkauft habe.“

Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hatte von der Electricité de France (EDF) für rund fünf Milliarden Euro 45 Prozent der EnBW-Aktien übernommen. Durch die Beteiligung des Landes ergebe sich jetzt eine äußerst komplexe Gemengelage: „Mappus muss unter Umständen Entscheidungen treffen, die den Wert von EnBW deutlich mindern könnten“, sagte Claassen. Dies betreffe letztlich die Bürger und Steuerzahler. Er habe das Unternehmen 2007 auch verlassen aus Sorge um eine zunehmende politische Einflussnahme. „Diese Sorge hat sich ja nun wohl bewahrheitet.“
Nach Ansicht von Utz Claassen verspielt die Politik beim Thema Atomkraft ihre Glaubwürdigkeit: „Das dreimonatige Moratorium ist bei gut meinender Betrachtung eine Mischung aus Ratlosigkeit und Hilflosigkeit, bei kritischer Betrachtung eine Mischung aus Aktionismus und Wahlkampf.“

Nach Meinung von Claassen sollte der Atomausstieg als strategisches Ziel im Grundgesetz stehen. Er habe das bereits vor vier Jahren in seiner Zeit bei der EnBW gefordert. Damals sei er nicht nur vom deutschen Atomforum, sondern auch von einigen CDU-Politikern scharf kritisiert worden, weil sie sich die Option Atomkraft offenbar offen halten wollten. „Dieselben Politiker erklären jetzt zum Teil, dass sie schon immer für den Ausstieg waren. Das mutet an wie Politik nach Windrichtung.“

 

Mit freundlicher Genehmigung des Pforzheimer Kurier